Donnerstag, 23. September 2021

Insekten im Naturwald – ein Geben und Nehmen

Das Insektensterben ist zu einer traurigen Tatsache geworden. Laut der Akademien der Wissenschaften Schweiz sind 60 Prozent der Arten gefährdet oder potentiell gefährdet. «Waldinsekten sind glücklicherweise etwas weniger stark betroffen als andere Insektenarten», sagt der Insektenforscher Beat Wermelinger von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. Es sei aber auch bei diesen ein deutlicher Rückgang feststellbar. Naturwälder wie der Sihlwald bieten wichtige Nischen für spezialisierte Insektenarten, die sonst aussterben würden.
Donnerstag, 23. September 2021

«Im Sihlwald kommen viele holzliebende Insektenarten vor, die auf möglichst unberührte Lebensräume angewiesen sind. Viele der gefährdetsten Käfer benötigen Totholz von dicken Dimensionen und weitere typische Naturwald-Elemente», erklärt der Insektenforscher Beat Wermelinger. Naturbelassene Wälder wie der Sihlwald ermöglichen damit einem spezialisierten 'Arten-Pool' das Überleben. Sie bieten Nischen, die bewirtschaftete Wälder nicht haben – genauso ist es aber auch umgekehrt: So sind beispielsweise lichtliebende Insektenarten laut Wermelinger vermehrt in Wäldern, wo regelmässig Holz geschlagen wird, anzutreffen. Um die vielen verschiedenen Insektenarten mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen vor dem Aussterben zu bewahren, braucht es also beide 'Waldarten'. «Da Naturwälder schweizweit spärlich vorhanden sind, sind Reservate wie der Sihlwald besonders wichtig», sagt Beat Wermelinger.

Trittsteine zur Vernetzung von Lebensräumen

Um das Überleben der spezialisierten Insekten auf lange Sicht zu gewährleisten, reichen einzelne isoliert angelegte Naturwälder laut Wermelinger nicht aus. Die Insekten müssen sich austauschen können, eine grossräumige Verbindung ist nötig. Hierfür sind geeignete 'Zwischenhabitate' für die Insekten zwingend: «Ein alter Baum oder ein grosser Wurzelstock können schon ausreichen», erklärt der Forscher. Wichtig sei, dass viele solcher Elemente für die Insekten in erreichbarer Distanz liegen – für die meisten Arten liegt diese bei wenigen Kilometern. Für Wermelinger ist klar: «Der Sihlwald ist ein grosser und wichtiger Mosaikstein in einem solchen Puzzle aus Lebensräumen».

Ein Naturwald braucht Insekten

Insekten übernehmen verschiedene wichtige Funktionen im natürlichen Kreislauf des Waldes. Sie zersetzen abgestorbene Bäume und Sträucher und lösen dabei gespeicherte Nährstoffe aus den toten Pflanzen heraus. Diese stellen sie anschliessend dem Boden wieder zur Verfügung. Andere Tierarten wie beispielsweise Vögel ernähren sich von Insekten – teilweise auch ausschliesslich. Nicht genug des Guten: Insekten regulieren gekonnt und verlässlich andere Arten und halten diese dadurch in Schach. Zum Beispiel den Borkenkäfer. Raubmilben saugen seine Eier aus, diverse andere Räuber fressen liebend gern seine Larven. Dies führt zu einer natürlichen Regulierung des Käfers. Klar ist: Kein Naturwald ohne Insekten, keine Insekten ohne Naturwald.

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Insekten und NaturwaldWaldmistkäfer

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